Clemens Schmetterer

Interview

1. Was war Ihr schönster/lustigster Lehrmoment im vergangenen Jahr?

 

Es gibt immer wieder schöne Momente.

Als Lehrperson muss man die Leistungen der Studierenden auch beurteilen, und kann dabei nicht immer die Wunschnote vergeben – man ist daher häufig in einer Situation, die Konfrontation ähnlich ist. Da ist es immer wieder auch schön, dass Studierende ihre Wertschätzung für die doch recht aufwendigen Bemühungen in der Lehre zum Ausdruck bringen. Danke dafür!

 

Ein weiterer, sehr positiv empfundener Moment war für mich, nach einigen online-Semestern einen Kurs wieder im Hörsaal halten zu können. Online-Kurse mögen ganz bequem klingen, vor allem, wenn man sie von zu Hause aus halten bzw. daran teilnehmen kann. Sie sind für Lehrende aber nicht immer ganz angenehm: man spricht effektiv mit einer Maschine, es ist mitunter komplett still am anderen Ende der Leitung, man hat das Gefühl, für sich selbst zu reden, es fehlt das unmittelbare feedback. Im Hörsaal sehe ich sofort, ob eine Erklärung verstanden wird oder nicht, und kann darauf reagieren. Online (wir haben i.A. ja kein Kamerabild) muss ich dieses feedback erst aktiv einholen.

Schade, dass diese Rückkehr in den Hörsaal bis jetzt nur von kurzer Dauer war – mal sehen, wie es weitergeht! 

 

2. Womit hatten Sie in Ihrem eigenen Studium die größten Schwierigkeiten?

 

Ich hatte das Glück, ohne größere Schwierigkeiten durch mein Studium zu kommen. Als ich studierte (das war vor etwa 20 Jahren), war Studieren noch ganz anders als heute, aber eines ist geblieben: in irgendeiner Form muss man lernen, sich selbst zu organisieren. Da war natürlich der Beginn herausfordernd. Alles war neu, alles ungewohnt, man muss alles selbst organisieren und ist viel mehr auf sich allein gestellt als davor in der Schule. Einführungsveranstaltungen und das Bilden von Lerngruppen haben da natürlich geholfen.

Das Semesterende war oft eine angespannte Zeit, wenn in einer Woche eine größere Zahl an Prüfungen zusammengekommen ist. Ich war aber zum Glück nie einer so ausweglosen Situation, dass ich daran dachte, mein Studium aufzugeben.

 

3. Welche Änderungen an der Fakultät würden Sie für die Verbesserung der Lehrdidaktik am meisten begrüßen? 

 

Ich habe vor allem aus jenen Kursen, wo Wissen angewendet wird, das Gefühl, dass Querbeziehungen zwischen Themen und Fächern nicht ausreichend präsent sind. Ich denke daher, dass wir als Lehrende viel stärker nicht nur auf solche Querbeziehungen hinweisen, sondern diese auch deutlich in den verschiedenen Kursen herausarbeiten müssen. Was natürlich Koordination und das Abstimmen von Inhalten voraussetzt.

 

Ein Wunsch, den wir wohl alle haben, der aber unerfüllt bleiben muss, ist jener nach mehr Zeit. Zeit, Inhalte nicht nur zu vermitteln, sondern auch vertiefen und verinnerlichen zu können. Kein Sporttrainer würde der Mannschaft Spielprinzip und -regeln erklären, und gleich darauf ohne jegliches Training zum Wettkampf fahren. Oft haben wir aber zwangsläufig die Situation, dass Inhalte vermittelt und im nächsten Schritt geprüft werden, wobei sich das Training auf das Ausarbeiten der HÜ reduziert. Auch habe ich die Beobachtung gemacht, dass das Vorführen von HÜ-Aufgaben im Seminar als Präsentieren der eigenen Ausarbeitung und nicht als Nachweis des Beherrschens der zugrundeliegenden Fertigkeiten wahrgenommen wird.

Ich denke, dass e-learning Module und flipped classroom Konzepte dabei helfen können, eine zusätzliche, begleitete Trainingsphase in die praxisorientierten Kurse einzubauen, ohne den Zeitrahmen (SWS, ECTS) zu sprengen; in diesem Rahmen denke ich, dass angeleitetes, aber ansonsten selbständiges Erarbeiten von Kursinhalten auch zu einem tieferen Verständnis führen kann und dabei Inhaltsvermittlung und Training kombiniert. Derzeit arbeite ich einen Kurs komplett neu aus, und möchte dabei e-Lektionen, HÜ mit anschließendem Selbsttest, Videos, Üben vor Ort etc. einsetzen, um das Lernen effizienter zu gestalten. Konkret geht es darum, neben der Vermittlungs- und Prüfungsphase auch eine stressfreie Trainingsphase zu haben.

Ebenso sollten wir bei Übungsaufgaben stets darauf schauen, dass das eigentliche Lernziel nicht durch zusätzliche Inhalte verdeckt wird. Ein Beispiel aus der Mathematik: will man das grundsätzliche Verhalten der ersten Ableitungen von Funktionen vergleichen, sollte man meines Erachtens nach Funktionen wählen, wo das Differenzieren nicht so aufwendig und kompliziert wird, dass der Vergleich als eigentliches Lernziel in den Hintergrund tritt. Will man hingegen das Differenzieren üben, so dürfen die Aufgaben selbstverständlich immer komplexer werden. Hat man schließlich beide Fertigkeiten etabliert, bietet sich in Form einer Wiederholung ihre Kombination an.

Ja, da gäbe es noch viel zu sagen … aber wie eingangs erwähnt: hätten wir nur mehr Zeit! In diesem Sinne hoffe ich, auch in Zukunft die Zeit zu finden, für Sie möglichst hochqualitative Lehre machen zu können.

 

 

4. Was ist in Ihren Augen die spannendste Errungenschaft der letzten 2 Jahre in der Chemie

 

Hier drängt sich eine Antwort fast selbstverständlich auf: die Covid-19 Impfung – obwohl sicher verschiedene Disziplinen (vermutlich zurecht) die bisher erzielten Erfolge für sich beanspruchen (werden). Geht man davon aus, dass sich die mRNA Impfstoffe bewähren, so steht uns ein mächtiges Mittel zur Verfügung. Allerdings darf man dabei nicht vergessen, wieviel Vorarbeit bereits geleistet worden ist, die die schnelle Entwicklung dieser Impfstoffe bis zum weitreichenden Einsatz überhaupt erst ermöglicht hat. Darunter sind sicher Vorarbeiten, die nicht sofort als spannende Errungenschaft wahrgenommen wurden, die aber essentiell für die weitere Entwicklung waren.

Ich denke, dass man diese Frage gar nicht so einfach beantworten kann – es gibt Errungenschaften, deren Bedeutung sehr schnell wieder verschwindet, und andere, deren Bedeutung erst sehr viel später erkannt wird. Was ich als wesentlich erachte: behalten Sie Ihre Neugier. Stellen Sie sich die Fragen bzw. lernen Sie diese Fragen zu stellen, warum ein Sachverhalt oder Phänomen ist, wie es ist, wie es funktioniert, und versuchen Sie darauf die Antwort zu finden oder eben einen Teil, der sich früher oder später als wesentlich für eine der nächsten spannenden Entwicklungen herausstellen kann.

Dazu gehört meiner Meinung nach eine fundierte Ausbildung, und ich hoffe, meinen Teil beizutragen, dass Sie diese Ausbildung auch bekommen können.

Lehrveranstaltungen

2021W
PR Physikalisch-chemisches Praktikum - Laboratory practice in physical chemistry
UE Schulversuchspraktikum Teil A - Demonstrationsversuche
SE Chemisches Rechnen für Biologen - Begleitendes Seminar zu den Chemischen Übungen für BiologInnen
2021S